EZB pokert hoch: Kommt im Dezember die Zins-Wende?

Die Europäische Zentralbank hat ihre Zinspause verlängert. Doch für den Dezember erwarten Anleger entscheidende Signale. Lettlands Notenbankchef Kazaks spricht von einem wichtigen Termin für die Inflationsaussichten.
EZB: Kazaks betont Schlüsselrolle der Dezember-Sitzung
Nach der jüngsten Zinssitzung bleibt der Einlagesatz im Euroraum bei 2,0 Prozent. Präsidentin Christine Lagarde und der EZB-Rat gaben sich abwartend und signalisierten Flexibilität. Frankreichs Notenbankchef Francois Villeroy de Galhau schloss weitere Lockerungen nicht aus, während Österreichs Notenbankpräsident Martin Kocher betonte, die Richtung sei offen. Martins Kazaks aus Lettland hob hervor, dass die Sitzung am 18. Dezember besonderes Gewicht habe: Dann liegen neue Projektionen zu Wachstum und Inflation vor.
Für die Finanzmärkte ist dieser Termin von besonderem Interesse, weil er zeitlich mit wichtigen Wirtschaftsdaten zusammenfällt. Neben den EZB-Prognosen veröffentlichen auch die Europäische Kommission und die OECD im Dezember ihre Ausblicke. Analysten erwarten daher ein deutlich klareres Bild zur Entwicklung der Konjunktur und der Teuerung. Die Sitzung könnte den Ton für die Geldpolitik des gesamten Jahres 2026 vorgeben.
Inflationsaussichten als Richtschnur
„Wir bekommen im Dezember neue Projektionen und sehen, ob es eine Abweichung vom Inflationsziel von zwei Prozent gibt“, sagte Kazaks im Gespräch mit Reuters. Im August lag die Teuerungsrate im Euroraum bei 2,1 Prozent. Für die EZB bleibt die mittelfristige Zielmarke von 2,0 Prozent zentral. Neue Daten könnten den Weg weisen, ob die Zinspause anhält oder eine weitere Bewegung notwendig wird.
Besonders im Blick stehen die Kerninflation und die Entwicklung der Energiepreise. Während die Gesamtteuerung zuletzt leicht zurückging, zeigt sich der Preisauftrieb im Dienstleistungssektor hartnäckig. Viele Währungshüter betonen daher, dass eine Entwarnung zu früh wäre. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor ist die geopolitische Lage: Energieimporte aus Drittstaaten und die Diskussion über neue Zölle könnten die Preisentwicklung erneut beschleunigen.
Einfluss von ETS 2 auf die Prognosen
Kazaks verwies zudem auf die Rolle des neuen Emissionshandelssystems ETS 2. Eine Verzögerung könnte die Inflation um etwa 0,3 Prozentpunkte senken. Für 2027 rechnet die EZB derzeit mit 1,9 Prozent Teuerung. Damit bleibt der Spielraum der Notenbank eng begrenzt: Einerseits gilt es, die Inflation nahe am Ziel zu halten. Andererseits will die EZB eine zu starke Abkühlung der Wirtschaft vermeiden.
Ökonomen verweisen darauf, dass Klimapolitik und Geldpolitik zunehmend ineinandergreifen. Der Ausbau von ETS 2 könnte über Energiepreise spürbare Effekte auf die Inflation haben. Sollte die Umsetzung verschoben werden, wäre der Druck auf die EZB, die Zinsen lange hochzuhalten, geringer. Umgekehrt könnte eine schnelle Einführung des Systems Preisschübe auslösen, die geldpolitisch gegengesteuert werden müssten.
Finanzmärkte reagieren sensibel
Die Finanzmärkte reagieren sensibel auf jede Andeutung der Notenbanker. Ob die Zinspause zum Jahresende Bestand hat, hängt nun von den Dezember-Prognosen ab. Investoren und Analysten sehen in der Sitzung ein Schlüsselereignis, das sowohl für Anleihemärkte als auch für Aktien neue Impulse setzen könnte.
Besonders stark unter Beobachtung stehen die Renditen europäischer Staatsanleihen. Schon kleinste Änderungen in den Projektionen könnten Kursbewegungen auslösen. Auch der Eurokurs dürfte auf die Signale der EZB reagieren: Eine geldpolitische Lockerung würde die Gemeinschaftswährung schwächen, während eine längere Hochzinspolitik eher stützend wirken könnte. Für Aktienanleger bleibt entscheidend, ob die EZB Vertrauen in eine stabile Inflationsentwicklung signalisiert. Erst dann dürfte wieder mehr Risikobereitschaft an die Märkte zurückkehren.
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