Der Krieg des neuen Jahrzehnts
Iran. Schon seit mehreren Jahren steht die Region im mittleren Osten in einem schlechten Licht. Nicht zuletzt wegen der langjährigen Auseinandersetzung, die das Land schon seit den späten 1970ern begleitet. Ihren Anfang nahm der tiefgreifende Konflikt mit der Erstürmung der amerikanischen Vertretung in Teheran im November 1979. Damals wurden alle 52 US-Diplomaten im Verlaufe der Islamischen Revolution für insgesamt 444 Tage von iranischen Studenten in Geiselhaft genommen. Diese Anzahl gefangen genommener US-Diplomaten findet noch heute Verwendung als symbolischer Wert. Mit der zunehmenden Interessensabspaltung begann letztendlich der diplomatische Wendepunkt zwischen der USA und dem Iran. Langjährige Interessenkonflikte, Provokationen und maßlose Unterstellungen waren Folge dieses anhaltenden Schlagabtauschs, der bis heute nachhallt.
Der 2015 von Obama verabschiedete Atomdeal wurde zwar auf konservativer Ebene zweifelhaft aufgefasst, fand aber auf internationaler Ebene großen Anklang. Viele Befürworter nahmen an, dass der Deal eine Öffnung der iranischen Wirtschaft gegenüber umliegenden Ländern darstellen und im besten Falle sogar politisches Gleichgewicht bringen würde. Doch mit der offiziellen Auflösung des Vertrages im Mai 2018 seitens Präsident Trumps, wurde symbolisch nicht nur der iranischen Bevölkerung der Rücken zugekehrt, sondern auch eine mögliche, friedliche Koexistenz mit der Welt abgelehnt.
Auge um Auge im mittleren Osten
Die jüngsten Ereignisse haben nun Öl in das ohnehin schon lodernde Feuer der amerikanisch- iranischen Beziehung gekippt. Mit dem im Frühjahr verübten Anschlag auf den obersten Kommandeur Qassim Soleimani, wollte Trump gezielt gegen die aufkommende islamische Aggression vorgehen. Darauf folgte eine Kette der Eskalation. Tage später feuerte das iranische Militär mehrere Raketen auf einen US-Stützpunkt im Irak.
Höhepunkt der Eskalation bildete der Abschuss einer ukrainischen Passagiermaschine über dem Iran. Zunächst behauptete Teheran, dass es sich bei dem Absturz um einen technischen Defekt handle. Doch als sich die erdrückende Beweislage verdichtete, gab das iranische Militär den Abschuss der Passagiermaschine zu. 176 Menschen starben bei dem Unglück. Das Flugzeug wurde fälschlicherweise als feindliches Flugzeug identifiziert und „unbeabsichtigt“ abgeschossen. Menschliches Versagen wurde als Grund genannt. Nach dem Bekenntnis des Irans zum versehentlichen Abschuss der Maschine hatten sich am darauffolgenden Samstag mehrere hundert Menschen an der Amir-Kabir-Universität in Teheran versammelt, um der Opfer zu gedenken. Aus dem friedlichen Protest wurde schnell eine wütende Demonstration, die von der Regierung niedergeschlagen wurde.
Im Verlauf der Woche sollen der iranischen Nachrichtenagentur ILNA zufolge bis zu 3000 Menschen auf die Straße gegangen sein. Forderungen nach dem Rücktritt aller beteiligten Operateure, sogar nach der iranischen Führung, zeigten mehrere Videotapes, die in den sozialen Netzwerken kursierten. Auf Twitter äußerte sich Trump positiv über das hohe Aufkommen an Demonstranten und versicherte, dass die Regierung „weiterhin auf eurer Seite sein“ wird. Fest steht, an einer militärischen Auseinandersetzung hat keine der beiden Parteien Interesse.
Restriktive Maßnahmen im Iran-Konflikt
Von Seiten der EU ist man bemüht, den Iran dazu zu bewegen, seinen internationalen Verpflichtungen nachzukommen. So auch Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD), welcher sich auf Grund des bedrohten Atomabkommens mit seinen Kollegen in Paris eingefunden hat. Aus Frankreich und Großbritannien nahmen Jean-Yves Le Drian und Dominic Raab am Treffen teil und auch der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell war zugegen, um mit dem Iran die Weichen für eine bessere Sicherheitspolitik zu stellen.
“Die EU setzt auf Diplomatie statt Eskalation.”, so Maas. Auch festigte er die Stellung des Atomabkommens auf internationaler Ebene. “Ohne das Abkommen hätte Iran wahrscheinlich schon eine Atombombe. Dass es so weit kommt, müssen wir unbedingt verhindern.” Präsident Hassan Ruhani versicherte zudem, dass ein kompletter Ausstieg seines Landes aus dem Atomabkommen unrealistisch sei. Immerhin sei das Abkommen an die weitgehende Aufhebung der Wirtschaftssanktionen geknüpft, auf die der Iran langfristig gesehen angewiesen ist. Dennoch übertrat der Iran seit der Vertragsauflösung der USA immer mehr Regeln. So wurde festgestellt, dass die maximale Menge an angereichertem Uran weit über die benötigte Menge für zivile Zwecke hinausrage. Aus der Befürchtung, Iran könnte nukleare Sprengköpfe herstellen, aktivierten die drei EU-Staaten einen Schlichtungsmechanismus. Der Iran sei jederzeit bereit zum Atomdeal zurückzukehren, so Ruhani. Aber wie genau sich die Lage im mittleren Osten mit der USA weiterentwickeln wird, ist unklar. Klar ist nur, es sind entschiedene Gespräche erforderlich. Gespräche, die eine Eskalation des Konfliktes verhindern.
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